Vom 18. Juni bis zum 13. August verwandelt Nina Joanna Bergold mit ihren Installationen den Schuhhaussaal. „Another Whale’s Song“ ist ihrem Lieblingstier dem Wal gewidmet. Irgendwo zwischen Materie und Wirklichkeit hält er uns in ihren Arbeiten den Spiegel vor. Er ist Tier, Körper, Masse, Erzähltes und Erzählendes. Fremd, flüchtig, in seinen Dimensionen nicht wirklich zu erfassen, schaut er uns ins Gesicht. Während wir ihn verfolgen, belauschen und sezieren, macht er uns zum Beifang…
Die Vernissage findet am Sonntag, 18. Juni um 11:00 im Schuhhaussaal statt. Der Eintritt ist frei
Nina Joanna Bergolds Arbeiten sind gefühlte Zustände und Gedanken in Folie – gezeichnet in den Raum. Flüchtige, manchmal zerschnittene und fragmentarische Vermutungen über das Lebendige in uns. Das wir nie richtig zu fassen bekommen. Denn wir können nicht aus unserer Haut, um es einmal in Ruhe im Ganzen von außen zu betrachten.
Um Nina Joanna Bergolds Folienschnitte muss man oft herumgehen, um sich ein Bild zu machen. Im Schuhhaussaal ist es ein langes Stück schwarzer Folie. Diese zieht sich, oben aufgehängt und durch Folienstränge mit dem Boden verbunden, durch den Raum und weckt Assoziationen an ein großes Wesen, schwimmend, vieles verschlingend – und wieder ausspuckend. Im Vorbeigehen tauchen Figuren und Strukturen auf und wieder unter, ganz, oder teilweise, manchmal nur Köpfe, manchmal ein paar Beine, viele Linien. Verfolgt man die Linien, wird Material zur Figur und dann wieder zu Struktur, zu schwarzer Folie.
Die Form des Scherenschnitts gibt Nina Joanna Bergold die Möglichkeit, die Fremdheit des Materials, schwarze Teichfolie oder Korkfolie, unserer Vertrautheit mit der menschlichen Gestalt und mit unserem eigenen Körper gegenüberzustellen. In der durchlöcherten Zweidimensionalität der Folie, dreidimensional aufgespannt im Raum oder als Wandobjekt, kann sich die Betrachterin im imaginierten Wasserbecken oder in der Weite der Zwischenräume wiederfinden. Sie kann sich fragen, ob die Figuren in ihrem Netz, in der Folie, gehalten und getragen werden oder ob sie vielleicht darin verwickelt, darin gefangen sind. Sie kann aber auch nah herantreten und die einzelnen Linien „unters Mikroskop“ legen, bis sie nichts weiter sind als zerschnittene schwarze Plastikfolie.
Wir machen die Augen weit auf, helfen nach mit Brillen, Handykameras und Stabilizern, und blicken, soweit es geht, nach vorne, nach oben und in die Tiefe. Denken und lassen denken, vernetzen, vermessen und definieren, bilden Modelle und Konstrukte. Sehen unsere Umgebung, wie sie sich durch die Geschmacksverstärker der vielfältigen technischen Hilfsmittel, mal verzerrt und mal verschönert, für uns darstellt. Optimieren uns und unseren Zugang zur Welt. Vielleicht kann der Kopf endlich irgendwann ohne Körper auskommen? Vielleicht müssen wir doch zurück zur Natur? Aber zu welcher? Und als was genau? Auch wenn wir die Augen zu und die Technik ausmachen, die Bilder bleiben…